Rede zum Haushalt 2014 der Stadt Beerfelden

Elisabeth Bühler-Kowarsch

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fraktionssprecherin

Stadtverordnetenfraktion Beerfelden

Beerfelden, 25. März 2014

20.00 Uhr – Es gilt das gesprochene Wor

Rede zum Haushalt 2014

„Lebenswerte Städte und Gemeinden sind das Fundament der Gesellschaft. Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten“.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister

liebe Fraktionskolleginnen und -kollegen!

Ich habe gerade heute Mittag einen interessanten Spruch gelesen, der ungefähr lautet:

Bei einer guten Rede kommt es auf zwei Punkte an, den Anfang und das Ende und ganz wichtig ist, dass beide Punkte nicht zu weit auseinander liegen.

Das ist bei einer Haushaltsrede nicht ganz so einfach, aber ich will mich bemühen, dem doch gerecht zu werden.

Lassen Sie mich also beginnen mit der Feststellung: Der Kommunale Finanzausgleich ist in seiner Ausgestaltung nicht mehr zeitgemäß und Kommunen entwickeln sich immer mehr zur Zweiklassengesellschaft

Wie bekannt weist unser Haushalt 2014  – wie in den letzten Jahren schon – einen Fehlbedarf auf –  diesmal  in Höhe  von 537.992 Euro. Wir sparen und konsolidieren, erhöhen Steuern und Gebühren,  investieren zu wenig, aber trotzdem haben wir noch immer keinen ausgeglichenen Haushalt.

Auf Bundesebene haben CDU und SPD beschlossen, dass es keine Steuererhöhungen gibt. Dies bedeutet konkret, dass von dieser Seite keine große  Hilfe für die Kommunen zu erwarten wird. Die Gewerkschaften fordern zu Recht die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, denn „Geld ist genug da, mehr als jemals zuvor – aber die Verteilung stimmt nicht. Und genau hier muss angesetzt werden“.

Im Rahmen der Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes durch den Bund sollen die Kommunen im Bereich der  Eingliederungshilfe für behinderte Menschen unterstützt werden. Die  hessischen Kommunen würden dadurch  jährlich um 400 Millionen Euro entlastet. Leider soll diese Maßnahme des BUNDES auf 2018 verschoben werden.

Also auch hier erst einmal Fehlanzeige.

Der Kommunale Finanzausgleich (KFA) ist wie zu Beginn meiner Rede schon gesagt nicht mehr zeitgemäß und muss nach einem höchst richterlichen Urteil des Staatsgerichtshofs  neu gestaltet werden. Auf Landesebene steht im Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN zum KFA: Die Arbeitsgruppe zum KFA soll Ende 2014 ihre Arbeit abschließen, so dass bereits Anfang 2015 das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden kann. Damit wollen wir sicherstellen, dass die Kommunen in 2015 frühzeitig  verlässliche Daten für die Haushaltsaufstellung 2016 bekommen.“ Lassen wir uns überraschen, wie sich dies zukünftig auf den Haushalt  der Stadt Beerfelden auswirken wird.  Immerhin haben wir in diesem Jahr schon einen Demografiezuschlag bekommen. Außerdem wurde eine Stabsstelle zur Beratung von Nicht-Schutzschirm Kommunen eingerichtet.

Aber nun zu dem heute zu verabschiedenden Haushalt 2014  der Stadt Beerfelden:

Zunächst einige allgemeine Anmerkungen:

Sehr unbefriedigend für uns alle ist, dass die Jahresrechnungen  der Jahre 2009 bis 2012 noch nicht vorliegen und damit eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist.

Dem Odenwälder Echo vom 18. März war zu entnehmen, dass der Odenwaldkreis beim Kaufkraftindex sogar unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Dies verdeutlicht die wirtschaftliche Schwäche unserer Region. Die Zahl der Unterbeschäftigten beläuft sich im Odenwaldkreis aktuell auf 3613 Personen. „Fast jede dritte, die Arbeitslosengeld II bezieht, ist gleichzeitig sozialversicherungspflichtig beschäftigt, kann aber von ihrem Einkommen nicht leben (531 Alleinerziehende).

Nach wie vor müssen wir in Beerfelden einen Bevölkerungsrückgang konstatieren. Gerade für den ländlichen  Raum werden  neue Konzepte benötigt, um die Kosten für die Infrastruktur, die von immer  weniger Menschen genutzt wird, in den Griff zu bekommen. Mittlerweile haben wir die Zahl von 6.400 Einwohnern unterschritten! Und der Abwärtstrend geht weiter!

Es sind die kommunalen Entscheidungen vor Ort, die sich unmittelbar auswirken, bei denen aber auch für die Zukunftsgestaltung die größten Chancen liegen – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.

Die Stadt Beerfelden ist sparsam und wir leben  keinesfalls über unsere Verhältnisse. Gerade 522.821 Euro gibt die Stadt Beerfelden in einer sehr weit gefassten Aufstellung für freiwillige Leistungen aus. Selbst wenn wir diese Leistungen streichen würden, wäre der Haushalt nicht ausgeglichen, aber die Stadt Beerfelden hätte jede Chance für die Zukunft verspielt.

Konkrete Anmerkungen:

Im Rahmen des geringen finanziellen Spielraums der Stadt werden für unsere Fraktion  – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN  – doch einige wenige und  wichtige Akzente  gesetzt:

Soziale Kommune:

Sehr erfreulich ist, dass die Stelle des Jugendpflegers (49.800,– Euro) wieder besetzt ist und somit die bisherige  gute Arbeit fortgesetzt werden kann. Richtig und wichtig ist auch, dass die Küche der Kindertagesstätte saniert wird. (16.500 Euro).

Unser Ziel ist es, das junge Menschen in der Region bleiben und eine Familie gründen können. Aus diesem Grund müssen wir unsere Kindertagesstätten optimal ausstatten,  für gute Bildungseinrichtungen sorgen und dafür eintreten, dass die Jugendlichen nach der Schule in der näheren Umgebung Chancen auf interessante Arbeitsplätze bekommen.

Aber auch alte Menschen sollen sich in Zukunft in Beerfelden wohlfühlen, weil es genügend Angebote gibt, um in Würde alt zu werden, durch mobile Pflegeangebote,  neue Wohnformen, Unterstützung durch den Verein Generationenhilfe oder in der Seniorenresidenz Hedwig Henneböhl.

Wichtig für uns Grüne ist die Klima- und Energiepolitik:

Dass sich die Stadt Beerfelden an der Finanzierung eines gemeinsamen Klimaschutzmanagers für die Kommunen beteiligen wird,  können wir positiv hervorzuheben. Durch eine solche Stelle  kann z. B.  eine kompetente Beratung bei der neu geplanten ökologischen Holzhackschnitzelheizung  am Bauhof leisten. Gerade in der Klima- und Energiepolitik entscheidet sich, ob der politische Anspruch „Global denken  – lokal handeln“ realisiert werden kann. Die Energiewende ist eine Jahrhundertaufgabe!

Hier zeigt sich die Stadt Beerfelden solidarisch und wird sich, wenn die ökonomischen und ökologischen Daten stimmen,   an der Erzeugung erneuerbarer Energien beteiligen und dabei auf eine möglichst hohe Gewinnabschöpfung für die Stadt achten.

Unser Ziel muss sein, dass in der Region durch Wind, Sonne und Biomasse so viel Energie erzeugt wird, dass auch wieder Geld in die städtischen Kassen fließt und wir unseren Beitrag zur Energiewende leisten. Ökonomie und Ökologie müssen sich rechnen!

Interkommunale Zusammenarbeit:

In Zeiten immer knapper werdender finanzieller Spielräume auf allen staatlichen Ebenen bei gleichbleibenden und sogar wachsenden Aufgaben ist die interkommunale Zusammenarbeit ein wesentliches Instrument, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten. In der interkommunalen Zusammenarbeit sehen wir eine große Chance, die Ressourcen in der Oberzent effektiver und effizienter zu nutzen. Die Oberzent-Region nimmt hierbei eine Vorbildfunktion für den gesamten Odenwaldkreis ein.

Unser Ziel muss sein, trotz innerkommunaler Zusammenarbeit die Bürgernähe der Verwaltungen zu erhalten  und die Leistungsfähigkeit der Oberzent zu erhöhen!

Integriertes Kommunales Entwicklungskonzept (IKEK):

Um Beerfelden zukunftsfähig zu machen, setzt nicht nur unsere Fraktion – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – große Hoffnung in das IKEK. Als positives Zeichen ist zu werten, dass sich aufgrund des IKEK Prozesses als erstes Ergebnis die Dorfgemeinschaft in Airlenbach gegründet hat.

Im Haushaltsplan stehen dafür 45.000,– Euro zur Verfügung, z.B. für die Freiflächengestaltung (Dicke Eiche, Treffpunkt Damm….).

Unser Ziel muss sein, dass die hohen Erwartungen in der Kernstadt und den Stadtteilen nicht enttäuscht werden, da die Bürgerinnen und Bürger viel Zeit und Energie in die Entwicklung des Konzeptes investiert haben. Im Jahr 2014 müssen die ersten Erfolge sichtbar und erfahrbar werden!

Für die Zukunft stellen wir uns vor, dass wir das Problem mit dem Autoverkehr einigermaßen in den Griff bekommen, so dass wir bei schönem Wetter am Metzkeil sitzen, etwas essen und trinken und uns dabei auch unterhalten können, weil der Verkehrslärm und die Autoabgase deutlich zurück gegangen sind.

Es muss wieder Spaß machen, durch Beerfelden zu schlendern und in Läden auch regionale Produkte einzukaufen, in den Schaufenstern Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region zu bewundern und Menschen zu treffen, um sich zu unterhalten.

Konsolidierungsprogramm – Generationengerechtigkeit verwirklichen

Das vorliegende Konsolidierungsprogramm zeigt auf, wie die Stadt Beerfelden bis zum Jahr 2018 zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen kann. Dies wird nur möglich sein, wenn bei den anstehenden Konsolidierungsmaßnahmen Steuern und Gebühren maßvoll erhöht werden. Trotzdem werden wir wohl nicht darum herum kommen, auch in Beerfelden über eine weitere Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern nachzudenken, denn immer wieder wird uns vorgehalten,  dass in anderen Bundesländern z.B. unserem Nachbarbundesland Baden-Württemberg die Grundsteuer B wesentlich höher ist als in Hessen.

Unser Ziel muss sein, dass durch eine nachhaltige Finanzpolitik zukünftige Generationen wieder einen finanziellen Spielraum bekommen und die Bürger bei  der Haushaltsaufstellung 2015 beteiligt werden. Unser Antrag  aus Jahr 2013 wurde zum Haushalt 2014 wieder nicht umgesetzt. Bei allem Verständnis für die personelle Situation der Stadtverwaltung, erwarten wir, dass dies nach zweijähriger Verzögerung endlich beim Haushalt 2015 erfolgt. Vielleicht haben die Bürgerinnen und Bürger einen ganz anderen Blick auf den Haushalt, als die gewählten Stadtverordneten. Ein Versuch lohnt sich!

Fazit:

Wir stimmen dem Haushalt 2014 zu, obwohl er bei wesentlich höherem Bedarf nur ca. 600.000 Euro für Investitionen bereithält. Es gilt aber festzuhalten, dass der geringe Spielraum genutzt wird, um einige für uns wichtige Dinge auf den Weg zu bringen. Ob das allerdings ausreicht, um den negativen Trend zu stoppen, muss die Zukunft zeigen. Das Spiel gegen die Zeit hat begonnen und wir alles dafür tun, dass wir es  gewinnen1

Wir können nicht mit den Ballungsräumen konkurrieren, müssen aber unsere Stärken deutlicher herausarbeiten. Günstiger Wohnraum in einer nahezu intakten Natur, gute Anbindung an das Rhein-Main-Gebiet und die Metropol-Region Rhein-Neckar, gute Schulangebote, Kinderbetreuungsmöglichkeiten auch für die Kleinsten sind Trümpfe, die wir in Zukunft stärker herausarbeiten müssen.

Am Ende meiner Rede bedanke ich mich bei der Verwaltung für die transparente Vorlage aller nötigen Zahlen und Fakten und bei allen Beerfelder Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren. Ohne diese große Bereitschaft würde es in vielen Bereichen unserer Stadt wesentlich schlechter aussehen.

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