Unser Antrag wurde im Kreistag von SPD/CDU/FDP und ÜWG abgelehnt!
Rede von Elisabeth Bühler-Kowarsch, B90/DIE GRÜNEN
Rede zur Ausstellung Widerstand der Frauen
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
das Thema Frauen im Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur von Adolf Hitler ist über Jahrzehnte leider kaum beachtet worden. Umso wichtiger ist, es dass wir es heute auch auf der kommunalen Ebene in den Blick nehmen. Dass viele Widerstandskämpferinnen in der Erinnerung der Bundesrepublik nach dem Krieg nicht beachtet wurden, liegt unter anderem auch an deren privater politischer Meinungsbildung und Geschichte. Etliche stammten aus sozialistischen Elternhäusern, waren in kommunistische Jugendgruppen hineingewachsen oder gehörten der Sozialistischen Arbeiterpartei an. Solche Lebensläufe taugten in Zeiten des Kalten Krieges nicht in die westdeutsche Widerstandsbetrachtung.
Ich möchte hier an dieser Stelle exemplarisch das Schicksal von Anna Beyer schildern:
Sie wurde am 2.2.1909 geboren und starb am 15.9.1991 in Frankfurt. Sie kam aus einem sozialdemokratischen Elternhaus und war Mitglied der sozialistischen Arbeiterjugend und des internationalen sozialistischen Kampfbundes. Nach 1945 war sie SPD-Stadtverordnete in Frankfurt, arbeitete später in der Wiesbadener Staatskanzlei und vertrat das Land Hessen im Bundesrat. Sie musste ins Exil gehen, da sie zu viel wusste. Mit unserem Antrag wollen wir den Odenwälderinnen und Odenwäldern die Möglichkeit bieten, durch eine Ausstellung mehr über solche großartigen Menschen zu erfahren.
Umso mehr hat mich die Diskussion im vergangenen H+F dieses Kreistages verstört und fassungslos zurückgelassen. Wenn ich mir vorstelle, die Frauen, die im Mittelpunkt dieser Ausstellung stehen, hätten diese Sitzung verfolgen können, sie wären entsetzt gewesen. Denn keine Sachargumente haben zu einer Ablehnung unseres Antrages geführt, sondern vollkommen sachfremde – ich weiß nicht, wie ich es nennen sollen – Argumente, aber es waren ja keine Argumente.
Von Herrn Landrat Matiaske kam lediglich der Einwand, dass der Odenwaldkreis über keine geeigneten Räume verfügt. Einmal mehr wurden Gründe angeführt, warum etwas nicht geht, statt nach Wegen zu suchen, diese wichtige Ausstellung hier zu zeigen. Herr Landrat, gehen Sie voran und finden Sie eine geeignete Räumlichkeit, gern auch in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden in unserem Kreis. Wer „mit Herz und Verstand“ Politik machen möchte, sollte dazu in der Lage sein
Danach erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende, weil die Grünen eine ihm nicht genehme Presseerklärung zu einem völlig anderen Thema abgegeben hätten, könne man jetzt diesem Antrag nicht zustimmen. Dieser Moment zeigt deutlich: Nicht Sachargumente sind die Grundlage seiner Argumentation, sondern parteipolitische Erwägungen. Unsere Haltung dazu ist: Das haben die Widerstandskämpferinnen und -Kämpfer im Dritten Reich nicht verdient. Von den anderen Fraktionen gab es keine Wortmeldungen und der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalition mehrheitlich abgelehnt. Immerhin hat die CDU-Fraktion sich enthalten.
Aber ich bin Optimistin und habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Sie als Kreistagsabgeordnete und ich appelliere hier besonders an die wenigen Frauen in unseren Reihen und insbesondere auch an die SPD-Fraktion, heute unserem Antrag zu einer Mehrheit im Kreistag zu verhelfen. Tun Sie das Richtige und stimmen Sie unserem Antrag zu.
Um was geht es: Wir möchten, dass der Odenwaldkreis sich darum bemüht, die Ausstellung „Frauen im Widerstand“ hier bei uns im Odenwald zu zeigen, wir haben dabei bewusst den Termin und Ort offengelassen, um die notwendige Flexibilität bei der Veranstaltungsplanung zu gewährleisten.
Unsere Fraktion ist schon der Auffassung, dass sich mit etwas gutem Willen hier im Odenwaldkreis ein geeigneter Ausstellungsraum wird finden wird. Daran sollte ein solcher Antrag nun wirklich nicht scheitern. Ein Vorschlag unsererseits ist der Raum im Regionalmuseum in Michelstadt, in dem auch die sehenswerte Ausstellung über den Bauern List gezeigt wurde, die der SPD-Kollege Dirk-Daniel Zucht dankenswerter Weise initiiert hat. Und es gibt sicher noch andere Orte, die sich gut eignen würden.
Gerade in der heutigen Zeit, in der der Nationalsozialismus wieder zunehmend von Akteuren am rechten Rand bagatellisiert wird, ist es notwendig, eine zeitgemäße Erinnerungskultur zu unterstützen. Wer eine erneute rechtsextreme Machtergreifung verhindern will, muss aus der Geschichte lernen.
Daher bitten wir Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.
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